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Trotzphase: So begegnest du ihr bedürfnisorientiert

Du möchtest raus aus der Spirale von Wut, Tränen, Drohen und Bestrafen? Der Schlüssel zum Erfolg ist das Verstehen deines Kindes. Dabei soll dir dieser Beitrag helfen.

Warum ist trotzen wichtig?

Da sich viele von euch mehr praktische Beispiele gewünscht haben, versuche ich meine Artikel noch näher an den Familienalltag zu rücken.  Aber ein wenig schnöde Theorie schadet nicht, und da gehen wir jetzt gemeinsam durch. Denn wie du im Laufe des Artikels noch lernst, spielt unsere Haltung eine entscheidende Rolle und um diese zu ändern brauchen wir Wissen. Vielleicht erinnert ihr euch noch an meine kleine Umfrage, in der die Meisten richtig geantwortet haben – trotziges Verhalten gehört zur kindgerechten Entwicklung einfach dazu. 

Die wichtige Erkenntnis, die Kinder in der Zeit lernen: »Hey – wow! Ich habe einen eigenen Willen« und »Super – ich kann Dinge ja auch alleine machen«. Blöd nur, wenn da plötzlich jemand um die Ecke kommt und diese neue Errungenschaft nicht zulässt oder blockiert. Denn mit den neuen Möglichkeiten sind auch neue Reaktionen und Frustrationen verbunden, mit denen die Kids zu diesem Zeitpunkt nicht umgehen können. Warum nicht? Das Gehirn hängt den körperlichen Fortschritten noch nach. Die Gefühle überrennen die Kinder, machen sie für eine kurze Zeit hilflos und überfordern sie auf allen Ebenen. Und damit sind wir weit weg von den alten Ansichten, dass Kinder trotzig sind, weil sie die Erwachsenen ärgern wollen, oder dass dieses Verhalten ein hartes Durchgreifen braucht. Ganz klar, NEIN.  Im Gegenteil, du bist deinem Kind in dieser Zeit eine wertvolle Stütze.

Wann erreicht die Trotzphase ihren Höhepunkt?

Im Durchschnitt erleben Kinder ihre Autonomiephase im Alter zwischen anderthalb und sechs Jahren. Aber Kinder entwickeln sich individuell und können von dieser Zeitspanne abweichen. Eine merkliche Veränderung stellst du rund um den vierten Geburtstag noch einmal fest. Zu dieser Zeit reift die sprachliche Entwicklung enorm. Dadurch erschließen sich auch hier noch einmal neue Möglichkeiten und Wege für die Kids. Aber Achtung: Überfordere dein Kind in dieser Situation nicht zu sehr. Nicht jedes Kind ist in seiner Wutsituation empfänglich für unsere Worte, auch wenn wir noch so positive Absichten haben. Wie heftig die Reaktion der Kids ausfällt, hängt mitunter auch mit ihrem Temperament zusammen.

Wie reagiere ich auf die Trotzphase?

Nun kommen wir zu dem spannenden Teil – wie reagieren wir auf die Trotzphase? Dazu nehme ich dich mit zu einer kleinen Übung:

Stelle dir einmal eine Situation vor, in der dein Kind etwas zum ersten Mal selber konnte. Schließe ruhig die Augen, erinnere dich an die Situation und fühle mal, was bei dir los ist. Vermutlich spürst du Freude, Stolz, ein warmes Gefühl.

Und jetzt erinnere dich an eine Situation, in der dein Kind in deinen Augen trotzig war. Wie ist dein Gefühl jetzt? Spürst du Wut, Scham, Ärger?

Bei deinem Kind ist alles gleich geblieben – es entdeckt, dass es etwas selber kann/ dass es einen eigenen Willen hat. Im ersten Setting durfte es dieses neue Gefühl wahrscheinlich ausleben. Und dann kommt der Alltag, in dem es zu lange dauert, die Schuhe selber anzuziehen, in dem es gerade nicht passt, dass dein Kind alle Knöpfe selber zumacht. Und das ist auch völlig in Ordnung, aber genauso in Ordnung ist der Widerstand deines Kindes. Verliere dadurch aber nicht den liebevollen Blick auf dein Kind. Und dieser ist ganz entscheidend dafür, wie wir mit unseren Kindern umgehen.

  • Anstelle von »Mein Kind möchte nur seinen Willen haben« – »Mein Kind möchte seine Persönlichkeit/eigene Meinung haben.«
  • Anstelle von »Mein Kind ist wütend, weil es mich ärgern möchte«– ›Mein Kind wird von seinen Gefühlen überrannt, mit denen es noch nicht umgehen kann‹
  • Anstelle von  »sei doch mal vernünftig« oder Drohungen und Strafen – »Ich bin für dich da – wenn du willst«, »Ich sehe, dass du gerade sehr wütend bist – lass uns mal den Raum wechseln«, »Ich nehme dich in den Arm – wenn du möchtest«,
  • Statt mit müden Kindern von einem Termin zum nächsten zu hetzen – plane genug Ruhezeiten für dich und die Kinder ein, auch um ihre Selbstständigkeit zu unterstützen
  • Anstelle gespielter guter Laune – setzte dich mit deinen Wuttriggern auseinander und sei ein Vorbild für deine Kinder, wie du mit Rückschlägen umgehst. Denn sie lernen auch von dem, was wir ihnen vorleben.

Akzeptiere, dass dieses Verhalten zur Entwicklung dazu gehört. Wir dürfen Kinder nicht nach unseren Wünschen und Vorstellungen formen. Kinder müssen nicht werden, sie sind schon. 

Aber du darfst dich gut um dich selber kümmern, mit deiner Familie/deinen Freunden über die stürmische Zeit reden. Kraft tanken, dich mit deinen Glaubenssätzen auseinandersetzten und dich mental gestärkt in den Sturm stellen und deinem Kind durch diese Zeit helfen.

Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Persönlich mag ich den Ausdruck der Trotzphase nicht und zum Glück bezeichnen wir sie heutzutage richtigerweise als Autonomiephase.  Damit dieser Artikel aber viele Leute erreicht, richte ich mich nach den Suchbegriffen. Überraschung: Gesucht wird nach Trotzphase und nicht Autonomiephase 🙂

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